Wenn zwei fusionieren, freuen sich viele Dritte
Das ist die Meldung der Woche: Publicis und Omnicom fusionieren. Nummer 2 und Nummer 3 rücken zusammen und bilden eine neue Marktmacht im globalen Agenturen. Wohl zum ersten Mal ist ein Deal im eigentlich zersplitterten Agenturenmarkt ein Thema für die Kartellbehörden. Zumindest in den USA wird diese Fusion überprüft werden.
Nun mag man den beiden älteren Herren an der Spitze diesen Deal gönnen. Insbesondere Maurice Levy erfüllt sich damit seinen offenkundigen Lebenstraum, Chef der Nummer 1 im Markt zu werden. Der Aufschrei bei WPP CEO Sorell dürfte in halb London zu hören gewesen sein, als er erfuhr, dass er Platz 1 räumen muss.
Man kann auch anmerken, dass dieser Deal Ausdruck des Scheiterns der bisherigen Unternehmensstrategien sind. Insbesondere Publicis war in den letzten beiden Jahren durch eine breite Einkaufstour im Markt aufgefallen: CNC, LBi und andere standen auf der Einkaufsliste und mussten in das Unternehmen integriert werden. Ein Prozess, der nicht einfach ist. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass rund 50% dieser Deals auf einige Jahre betrachtet scheitern: 1 + 1 ist dann eben weniger als 2. Der Integrationsprozess scheitert schlicht. Das Scheitern speist sich aus zwei Quellen: Im Agenturenmarkt sind die Mitarbeiter in solchen Situationen sehr volatil und verschwinden schnell in alle Himmelsrichtung. Auch Kunden akzeptieren Probleme eines Integrationsprozesses bei ihrer Agentur nur selten. Unvergessen ist das Beispiel, als sich 1999 BSMG Worldwide im deutschen Markt Agenturen zusammenkaufte und binnen eines Jahres den Großteil der Kunden und Mitarbeiter verlor. Phasenweise wusste man nicht, wer schneller kündigt: Kunden oder Mitarbeiter. Marktgerüchten zufolge lief der Wachstumsprozess von Publicis auch nicht reibungsfrei. Mit dem jetzt verkündeten Merger hofft man offenbar, die bestehenden Agenturen zu erhalten und so die Integrationsprozesse einfach zu halten. Das verkündete Einsparvolumen durch Synergien von rund 500 Mio. US-$ lassen sich aber nach Ansicht von Experten nur durch Personalabbau und Konsolidierung der Agenturmarken erzielen. Wenn dieser Weg beschritten wird, dann stehen Mitarbeitern und Kunden unruhige Monate bevor.
Wirklich bemerkenswert ist aber der Spin für die Begründung dieser Fusion, der in den Medien platziert wurde. Wurden bis dato solche Deals zumeist mit der Stärkung der kreativen Performance oder mit der Abdeckung neuer Kommunikationsfelder oder mit der Erfordernis einer internationalen Begleitung der Kunden begründet, durfte man dieses Mal eine ganz eigene Begründung lesen: Die fusionierenden Agenturen stellen eine Marktmacht dar, werden zum größten Werbe-Einkäufer in der Welt und erhoffen sich davon, ihren Kunden besonders günstige Konditionen beim Media-Einkauf zu bieten. Eine Markmacht von 42% in den USA (zum Vergleich Nummer 2 WPP hat rund 22% Marktanteil) und 35,6% weltweit ist ein echtes Gewicht – wen wundert es, dass da die Kartellbehörden genauer hinsehen.
Bemerkenswert ist: Es steht nicht die beraterische Leistung oder das kreative Potenzial im Fokus der Agenturholding, sondern der Beitrag zum Cost Cutting in den Unternehmen. Das mag auf den ersten Blick ein attraktives Angebot sein, auf den zweiten Blick aber verlieren Kunden dabei aber. Beratung, Strategiebildung und Kreativität – das sind die Kernkompetenzen einer Agentur, nicht Supply-Chain Management. Besonders bedenklich dabei ist, dass der Media-Einkauf schon seit längerem in der Kritik zahlreicher Compliance Manager steht. Ihre Kritik gilt dem Umstand, dass Agenturen sich im Media-Einkauf zumeist verdeckt ein zweites Honorar generieren. Ob eine fusionierte Mega-Agentur wirklich transparenter und complianed agieren wird?
Mein Fazit: Die Kunden werden diesen Deal nicht honorieren. Sie werden sich zunehmend verlässliche Agenturumfelder suchen, die auf Kundeninteressen fokussieren und nah am Kunden agieren, statt ihr Business auf global fees und overheads zu optimieren.
Der Trend der letzten beiden Jahre im deutschen Markt zeigt es deutlich: Kunden wenden sich von den großen Agenturholdings, den Agenturnetzwerken und Konglomeraten ab. Sie wollen eine persönliche, eine verantwortliche und eine nachhaltige Beratung. Sie wollen nicht mit global standardisierten Produkten der Beratung konfrontiert werden, sondern eine individuelle Beratung, die auch die kulturellen, gesellschaftlichen Besonderheiten im deutschen Sprachraum berücksichtigt. Das verbinden Kunden offenbar zunehmend mit der Erwartung, dass es nicht einfach ein angestelltes Agenturmanagement gibt, das bei solchen Mega-Deals oftmals schnell die Agentur verlässt , sondern Inhaber, die für das Handeln ihrer Agentur auch bis ins Detail verantwortlich sind und diese Verantwortung leben. So ist die Meldung der Woche am Ende doch eine gute Nachricht für die Unternehmer unter den Agenturchefs: Denn Qualitätsberatung wird sich durchsetzen.