Das Lied vom Ende der Agenturen
In den letzten Wochen kamen die Einschläge dichter. Erst verkündet Daimler die Gründung einer eigenen Agentur, die künftig als Generalwerbeagentur des Unternehmens dienen soll. Dann erklärt Rocket Internet, aus den diversen Unternehmen des Start-up Imperiums eine Agentur ausgründen zu wollen. Selten wurde es so deutlich: Das Geschäftsmodell Agentur steht unter Druck. Auch, wenn man natürlich den ausgewiesenen Strategen und erfahrenen Berater Tonio Kröger, der in Stuttgart den Auftrag zum Aufbau der Daimler-Agentur erhalten hat, nicht mit Rocket Communications vergleichen kann, denn allein deren Ausgründung ist längst noch nicht Ausdruck von Beratungskompetenz. Allein die Grundaussage ist deutlich: Beide – Daimler wie Rocket Internet – sehen keinen Mehrwert darin, Beratungsleistungen im freien Markt zu erwerben.
Aber woran liegt das? Wieso erscheint das Geschäftsmodell der Werbe- und PR-Agentur so austauschbar? Um das zu verstehen, muss man sich den Agenturmarkt von beiden Seiten genauer anschauen. Auf der einen Seite des Marktes sitzen vielfach Unternehmensentscheider, die mit dem Engagement einer Agentur mehrere Hoffnungen verbinden: Erstens bedeutet Agentur für sie Kostenreduktion bzw. Kostenverlagerung von Headcounts zu variablen Kosten. Zweitens bieten Agenturen die Möglichkeit, im Unternehmen geltende Arbeitszeitregelungen und betriebliche Mitbestimmung zu umgehen. Drittens stehen Agenturen für eine schnelle Anpassung an neue Trends im Markt und dadurch einen Knowhow-Vorsprung gegenüber Unternehmen. Alle drei Begründungen sind ins Wanken geraten: Mit der Einführung des Mindestlohns werden Agenturen, die das Geschäftsmodell Niedriglohn verfolgen, bis ins Mark erschüttert. Preisanstiege werden folgen. Zugleich haben Agenturen in den letzten Jahren ihre Attraktivität als Arbeitgeber für Berufsanfänger verloren. Um das auszugleichen, müssen sich längst auch viele Agenturen Flexibilität zusätzlich vergüten lassen. Bleiben neue Trends: Hier herrschte lange ein Missverständnis. Agenturen empfahlen immer neuere technische Lösungen, setzten auf immer mehr auf Kreativität statt auf Relevanz und verloren so den Kontakt zum Geschäftsmodell ihrer Kunden. Kein Wunder, dass immer mehr Unternehmen inhouse Kompetenzen aufbauen, um relevante Lösungen für ihre Kommunikationsaufgaben zu entwickeln.
Wie konnte es aber soweit kommen und wieso gelingt es ausgerechnet im Agenturmarkt nicht, einen beraterischen Mehrwert darzustellen? Schon seit Jahren verweigern sich Wissenschaft und Praxis, Theorie und Anwendung in der PR- und Werbe-Branche ihre Anerkennung. Die Wissenschaft forscht für sich und einige Drittmittelgeber. Viele Agenturen entwickeln Tools, die letztlich nur Verkaufstricks statt echter Innovation sind. Das Ergebnis dieses Prozesses ist die Abstinenz von spezifischen Beratungsansätzen in den Agenturen. Nur ein eigener Beratungsansatz liefert aber beraterische Eindeutigkeit und damit auch einen fundierten Mehrwert. Dieser eigene Beratungsansatz garantiert auch die Alleinstellung und kann NUR im Markt eingekauft und nicht inhouse entwickelt werden. Das Gros der PR-Agenturen hingegen feiert sich selbst mit einem Feuerwerk an PR-Awards für Projekte, die vor der Preisverleihung niemand kannte und die letztlich nur von einer vordergründigen, aber austauschbaren Aufmerksamkeit leben und wie Strohfeuer schnell verglühen.
Nur wenige Kommunikationsberatungen haben dies in den letzten Jahren erkannt und sich daher der Herausforderung gestellt, einen eigenen Beratungsansatz zu entwickeln: Hering Schuppener oder Deekeling Arndt Advisors seien hier genannt.
Weil auch J+K seit seiner Gründung an eigenen Innovationen und Beratungsmethoden in verschiedenen Kompetenzfeldern gearbeitet hat, kann kaum verwundern, dass vor vier Jahren dann die Entscheidung fiel , auch in einen eigenen Beratungsansatz zu investieren und unter Bezugnahme auf wissenschaftliche Erkenntnisse zum Beziehungskapital einen komplett eigenen Beratungsansatz zu entwickeln. Ein dreiviertel Jahr danach scheint der Markt J+K recht zu geben: 21% Wachstum im Jahr 2014 sind zumindest ein starkes Argument.
Ich glaube, dass ein Hauptproblem ist, dass Agenturen häufig nicht mehr wirklich profitabel arbeiten. Der Konkurrenzkampf wird immer härter, der Druck immer größer und die Margen immer geringer, sodass viele Agenturen gerade so die Gewinnschwelle erreichen.
Ich habe dazu vor kurzem dieses Whitepaper gelesen, dass das ganze recht deutlich beschreibt.