Per Dienstwagen durch das Kanzleramt
Wow. Das war heute ein Auftakt für den „heißen“ Wahlkampf. Der Haushaltsausschuss beschäftigt sich mit echten Skandalen. Doch: Ulla Schmidt darf ihren Dienstwagen benutzen, sagt der Rechnungshof. Sie sollte halt mehr Sensibilität zeigen, sagt der Kommunikationsberater. Angela Merkel darf Vertreter von Wirtschaft und Gesellschaft zum Essen ins Kanzleramt einladen, sagt der gesunde Menschenverstand.
Doch die Wahlkämpfenden rufen: Skandal, Skandal! Denn es ist Wahlkampf – Und wo eine Botschaft fehlt, da werden Scheinbotschaften erfunden.
Schade, denn erstens geht der wirkliche Skandal unter: Das BMWi privatisierte ein Gesetzgebungsverfahren bei Linklaters. Und zweitens haben wir alle einen besseren Wahlkampf verdient.
Spannend ist doch, dass Medien sich beschweren über den angeblich ausbleibenden Wahlkampf – anstatt ihn zu fördern.
Wo ist sie denn, die vierte Gewalt? Warum stellt denn niemand Fragen abseits von Pflaumenkuchen und Familienidylle? Ist es nicht Aufgabe von Kommentatoren, die Unterschiede herauszuarbeiten, die Konzepte zu vergleichen und einzuordnen? Wo ist denn das Agenda-Setting?
Stattdessen werden Nicht-Ereignisse wie Dienstwagennutzung und Abendessen breitgetreten. Ist die Komplexitätsreduktion einfach nicht mehr zu leisten? Sind Gesundheits- und Finanzsystem endlich so komplex, dass sie von Journalisten nicht mehr durchschaut und aufbereitet werden könnten?
Zumindest fürs Wirtschaftsministerium scheint die Bankenwelt einen Komplexitätsgrad erreicht zu haben, der ohne die komplette Auslagerung von Gesetzgebung nicht mehr zu bewältigen ist.
Das sind Skandale.